Pilgern mit Hund nach Santiago de Compostela

Translation:

Reinhard: Mein Feind - Siras Schleppleine

Am Morgen werde ich wach, als eine warme, raue Hundezunge mir über die Nase leckt. "He, Alter, aufstehen, es geht weiter!" Da ich ein folgsamer Mensch bin, hüpfe ich geschmeidig aus dem Bett und stelle mich dem Tag.

Sira hatte während unseres Tiefschlafs die gemütliche Couch in unserem Zimmer erobert und es sich dort auf der warmen Wolldecke behaglich gemacht. Ein Hundeleben kann so schön sein, man muss es sich nur einzurichten wissen. Dafür sind jetzt die Hundehaare auf der Decke.

 

Um 8 Uhr frühstücken wir im gediegenen Wohnzimmer von unseren Gastgebern, halten ein kleines Schwätzchen - und verschweigen die Hundehaare auf der Decke. Warum soll man den Leuten Kummer machen?!

 

Als wir das Haus verlassen, schneit es. Welche Neuigkeit! Ein schöner Waldpfad führt uns in kurzer Zeit zur Burg Neuerburg. Heute Morgen herrscht Ruhe hier auf dieser schönen Burganlage. An vielen anderen Tagen durchdringt Kindergeschrei dieses herrliche Gemäuer, denn es ist eine Jugendherberge. Wir bummeln in aller Ruhe durch dieses Kinderparadies  und schauen in alle Ecken und Winkel.

 

Unten im Ort Neuerburg haben wir wichtige Dinge zu erledigen: In der Kirche holen wir uns den Pilgerstempel (unser Pass füllt sich so langsam) und in der Sparkasse versuchen wir, uns Geld zu holen. Und siehe da, es klappt! Mit unseren Karten!! Warum das denn nun? Erleben wir gerade die  wundersame Genesung von zwei EC-Karten? Wie dem auch sei, man glaubt ja gar nicht, wie beruhigend es ist, Geld in der Tasche zu haben.

 

Hinter Neuerburg geht es erst mal wieder steil den Berg rauf. Warum soll das auch mal anders sein? Schließlich bringt das direkt den Kreislauf in Schwung und man/frau friert nicht. Wir ackern uns durch pappigen Schnee einen Kreuzweg hoch und dampfen, als wir oben sind. Dann wird es geruhsamer. Unser Weg geht zunächst auf gleichbleibender Höhenlinie, später sogar leicht bergab weiter auf Sinspelt zu. Die einzige größere Leistung, die mir abverlangt  wird, ist das Ausweichen der gemeingefährlichen Schleppleine. Sie fordert von mir immer wieder eine Spitzenleistung an Konzentrationsfähigkeit. Die 15m-Leine, die Sira liebt, weil sie ihr größere Bewegungsfreiheit ermöglicht, könnte mein Feind werden. Ich warte nur darauf, dass ich mal drauftrete und Sira zieht mir dann mit ihr die Beine unter dem Hintern weg. Oder die Schleife, die Anni und Sira mit ihr hinter sich herschleppen, erwischt mich in einem unbedachten Moment von hinten, senst mir die Wanderstiefel weg, ich schwebe darob für Sekunden waagrecht in der Luft, bevor ich wie eine gefrorene Dachlatte auf den Boden klapper. Bis jetzt ist noch alles gut gegangen und das kann auch gerne so bleiben.

 

Die liebe Schleppleine wird heute trotzdem zu einem Problem. Dank der angestiegenen Temperaturen ist der Schnee, vor allem in Tallagen sehr nass oder sogar schon ganz zu Wasser geschmolzen. Resultat: An der Leine bleibt viel nasser Schnee hängen oder sie saugt sich mit Wasser voll. Eine zusätzliche Herausforderung für Anni.

 

In Metterndorf holen wir uns heute noch einen Stempel. Ich sage ja, die Sammelsucht fängt an. Dann geht es nochmal steil hinauf nach Nusbaum, von da aus ist es nicht mehr weit, aber immer mehr durch Schneeregen, bis Rohrbach. Vor einem Haus erkennen wir eine Jakobsmuschel und das kleine Schild "Santiago noch 2400 km". Wenn das keine Motivation ist! Das Haus ist unsere heutige Unterkunft. Wir sind wiedermal angekommen! Frau Ziwes kredenzt uns zum Willkommen direkt einen Kaffee und ein Stück Kuchen. Ich liebe das!

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Kommentare: 3
  • #1

    Sebastian (Montag, 25 Februar 2013 22:40)

    Hihi, und ich habe euch von oben verfolgt :-) Puh noch 2400 km? Das ist ja mit dem Auto schon viel...

  • #2

    Dani BigBro (Sonntag, 10 März 2013 18:11)

    2400km?? lächerlich!!! ;o)

  • #3

    Centrifugal Juicer (Montag, 29 April 2013 14:34)

    This is a great blog post! Thank you for sharing!