Pilgern mit Hund nach Santiago de Compostela

Translation:

Reinhard

 

Ein rollender Stein setzt kein Moos an

 

Ich liebe es, den Körper einfach laufenzulassen, liebe es, wenn ich mit immer gleichen Schritten Strecke mache und mein Körper zu einer Art Automat wird. Alles am Körper ist dann Funktion, nichts hemmt mich, und jedes Detail fördert die Unabhängigkeit des Unterwegsseins, eine Leidenschaft, die vor allem vom Gleichmaß meiner Schritte bestimmt wird.

 

Die Idee zu meiner Pilgerreise auf dem Jakobsweg spukte mir schon lange im Kopf herum. Sie war nicht plötzlich da, sondern flackerte wie ein Leuchtfeuer am Horizont, verschwand dann wieder im Alltagsdunst, ehe sie sich immer wieder in mein Leben drängte, bis die Sehnsucht zunehmend größer wurde und sich eine innere Stimme meldete, der ich vertrauen konnte und die mir sagte: Komm, geh einfach los! Wenn nicht jetzt, wann dann? Für mich ist dies der Freiheitswunsch, den ich hin und wieder leben muss.

 

Der Jakobsweg war sicherlich der längste, den ich je gegangen bin, aber wahrlich nicht der erste.

 

Auf den Geschmack gekommen bin ich, sorry, bei der Bundeswehr. Als Ausbilder zog ich regelmäßig mit "meinen Jungs" durch die Prärie. Übungsmärsche nannte man das. Oft mit einem (befohlenen) Lied auf den Lippen. Na ja, Jugendsünden ...

 

Die erste längere private Tour machte ich 1974 mit meiner damaligen Freundin. Mein Plan: Wenn sie die dreiwöchige Strecke durchhält, ist sie belastbar und du kannst sie heiraten. Wir zogen vom Sauerland durch Hessen an die damalige innerdeutsche Grenze und drehten dann den Bogen zurück bis nach Frankfurt. Sie hat gestöhnt und manchmal auch gejammert, aber sie hat durchgehalten. Heute ist sie meine Frau. - Aber gewandert ist sie mit mir nie wieder.

 

Nach Hochzeit, Einstieg ins Berufsleben und dem ersten Kind dann das erste größere Wanderprojekt: Mit zwei Freunden erwanderte ich in Etappen, jeweils in den Schulferien, den Europäischen Fernwanderweg 1 (Flensburg - Konstanz - Genua). Aus Wanderfreude wurde Wanderleidenschaft.

 

Ich zähle jetzt mal nur die Wege listenmäßig auf, die mich über Tage und Wochen seitdem durch die Lande führten. Alle haben ihre eigene Geschichte, die an dieser Stelle den Rahmen sprengen würden:

 

- Rheinhöhenweg, Lahnhöhenweg, Sieghöhenweg, Ruhrhöhenweg,

  Moselhöhenweg, Rhein-Burgenweg

- Rothaarsteig, Rheinsteig, Eifelsteig,

- Emscherparkweg (quer durchs Ruhrgebiet), Römerkanal-Wanderweg

- Jubiläumswanderweg Westerwald, Kölner Weg, Kurköllner Weg,

- Westweg, Baden-Württemberg-Weg, König-Ludwig-Weg

- Ostseeküstenweg (Flensburg - Usedom)

- 66-Seen-Weg (Rund um Berlin)

- Frankreich: Elsass und Vogesen

- Norwegen: Durch die Hardangervidda und Jotunheimen; vom Dovre-Fjell

  nach Lillehammer

- schwedisch Lappland: nördlicher und südlicher Kungsled

- Schottland: West-Highland-Way, Äußere Hebriden, Orkney-Inseln

- Irland/Nordirland: Sheep´s-Head-Way und Beara-Way an der Südwestküste

  und Ulster-Way an der Nordküste

- England: Coast-to-Coast-Path; Teilstück des South-West-Coast-Path

  (Cornwall)

- Island: Laugarvegur, Skaftafell, Jökulsargljufur-NP, Kjalvegur

 

Seit einem halben Jahr laufen alle Touren unter der Überschrift "Vorbereitung auf den Jakobsweg". Auf dem 170 Kilometer langen Kölnpfad (rund um Köln) wurde Sira (Annikas Hund) einem ersten Dauertest unterzogen. Wie steht sie die Belastung von täglich durchschnittlich 20 Kilometern durch? Wie reagiert sie auf uns begegnende Menschen - und Hunde?

 

Im Sommer letzten Jahres dann ein harter Test für Annika und mich: Fünf anstrengende, aber wunderbare Wochen lang waren wir auf dem "Traumpfad München - Venedig" unterwegs, über 500 Kilometer, mit mehr als 22.000 Höhenmetern, bei Hitze und Schneesturm, mit 9 bzw. 12 Kilogramm schweren Rucksäcken auf den Rücken, durch atemberaubende Berglandschaften. Erkenntnis: Trotz aller Anstrengungen und kleinerer Wehwehchen haben wir es genossen. Wenn der innere Schweinehund mal knurrte, haben wir ihn problemlos in die Knie gezwungen. Körperlich scheinen wir für den Jakobsweg gerüstet zu sein.

 

In den letzten Tagen vor dem Start hatten wir auf dem neu ausgezeichneten Natursteig Sieg, der direkt an unseren Haustüren vorbeiführt, noch das ein oder andere neuangeschaffte Ausrüstungsmaterial getestet und uns "eingelaufen".

 

Jakobsweg, wir waren bereit!

 

 

 

 

 

 

 

 

Annika

 

 


 

Anfangen ist Stärke.

Beenden ist Kraft.

                                                         

                                (Laotse)

 

 

Meine Wandererfahrungen kann ich in wenigen Sätzen zusammenfassen. Irgendwann vor ein paar Jahren führten wir mit unserer Familie ein, einen Feiertag (Pfingsten, Ostern oder 1. Mai) gemeinsam wandern zu gehen und so unsere Heimat ein wenig zu erkunden. Das Wandern hat mir schon immer gefallen und ich weiß gar nicht, warum ich nicht schon häufiger Wanderurlaube gemacht habe...

 

Meinen ersten Urlaub dieser Art habe ich in meiner jüngsten Kindheit gemacht. Sonnleitn, Österreich. Und ich kann nicht viel älter als fünf Jahre gewesen sein. Ich erinnere mich nicht mehr an viel, aber ich weiß noch, wie toll ich das Bekraxeln der Berge fand, wie gut mir die Landschaften gefallen haben und wie spaßig es war, auf den Kuhweiden Steinbrocken zu sammeln und sie mit Begeisterung in sonnenverkrustete Kuhfladen zu feuern. Das sogenannte "Fladenschießen" (das hat übrigens bei unserer Alpenüberquerung letztes Jahr mit Yannik ein super Revival gefeiert).

 

Dann geriet das Wandern bei mir komischerweise in totale Vergessenheit, für mehr als fünfzehn Jahre. Ich ging weiterhin gerne spazieren, ernsthaftes Wandern war das aber nicht.

 

Irland

2009 entschied ich erstmals, meinen Vater auf einer seiner Wanderungen zumindest teilweise zu begleiten. Er lief schon seit zwei Wochen durch Irland, dann flog ich ihm nach Galway hinterher und wir eroberteten, zusammen mit Daniel, meinem ältesten Bruder, meiner Patentante, meinem Patenonkel und deren Tochter unter anderem die Cliffs of Moher, die Musikerkneipen von Doolin, Aran Island, den Giant`s Causeway, das konfliktreiche (London-)Derry und Belfast, bevor es dann wieder, inklusive Lebensmittelvergiftung, über Dublin mit dem Flieger nach Hause ging.

 

Bilder dazu habe ich natürlich auch rausgekramt:

Der Kölnpfad

Wie schon an anderer Stelle gesagt, fiel in Irland der Entschluss, nach Afrika zu gehen. Als ich dann dort war, kam es zu dem folgenschweren Moment, in dem ich meinen Vater auf den Jakobsweg einlud. Wieder zuhause angekommen, begann ich/begannen wir mit den ernsthaften Vorbereitungen. Also liefen wir drei ab April 2012 den Kölnpfad.

Die folgenden schriftlichen Informationen zum Kölnpfad stammen aus Wikipedia.

 

Der Kölnpfad ist ein im Jahr 2008 eröffneter, 171 km langer, in Etappen gegliederter Rundwanderweg um Köln. [...] Der Wanderweg umrundet in elf Etappen von 9 bis 22 km Länge die Stadt. Bis auf zwei Ausnahmen verläuft der Weg innerhalb der Kölner Stadtgrenzen. Im rechtsrheinischen Süden führt er wenige Kilometer über Niederkasseler Gebiet, und im rechtsrheinischen Nordosten verläuft eine Etappe als Abstecher über Bergisch Gladbacher Stadtgebiet. [...] Die Anfangs- und Endpunkte jeder Etappe sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

 

Der Weg soll nicht nur zum Wandern in der Natur einladen, er soll zugleich besondere kulturelle Aspekte, Hintergründe der Stadtgeschichte und interessante Details am Rand der Stadt bekannt machen. Deshalb weisen Tafeln auf entsprechende Institutionen, Anlagen und Sehenswürdigkeiten hin, aber auch auf Ruhezonen, Spielplätze und Einkehrmöglichkeiten am Weg oder in dessen Nähe. [...]


Ein weiterer Aspekt des Kölnpfad-Konzepts zielt darauf ab, dem Wanderer einen Einblick in möglichst viele verschiedene, öffentlich zugängliche Bereiche einer Großstadt zu gewähren. Es geht darum, zu zeigen, dass eine Stadt durch ganz unterschiedliche Areale geprägt wird. Ganz bewusst wurde der Weg nicht nur durch idyllische Waldgebiete, Parkanlagen und offenes, freies Feld gelegt. Der Kölnpfad folgt dem, wodurch Köln sich auszeichnet, im positiven wie im negativen Sinne. Industrieanlagen werden erschlossen, große Verkehrswege und Verkehrsanlagen werden nicht nur gekreuzt oder überquert sondern sind Teil des Kölnpfades. So quert er mit der Rodenkirchener Autobahnbrücke den Rhein. Autobahnen und Gleisanlagen entsprechen zwar nicht dem üblichen Bild idyllischer Wanderromantik, aber sie gehören unverzichtbar zum Funktionieren einer Großstadt. Oft liegen in direkter Nachbarschaft zu diesen lärmenden Wegabschnitten die ruhigsten Orte des Rundwegs, die Naturschutzgebiete. Weil Naturschutzgebiete absolute Ruhezonen sind, ist das Betreten streng untersagt. Deshalb führt die Strecke an diesen Flächen nur vorbei und nicht durch sie hindurch. Natürlich trifft der Weg immer wieder auf den Rhein, denn der Fluss hat zweifelsohne seit jeher eine große Bedeutung für die Stadt.

Somit ist der Kölnpfad ein sehr abwechslungsreicher und interessanter Wanderweg. Er bezieht seinen Reiz nicht durch grandiose Aussichten oder spektakuläre Panoramen, auch nicht durch Einsamkeit und Abgeschiedenheit, sondern durch den ständigen Wechsel von naturbelassenen Arealen mit Wohngebieten, Industrieanlagen, landwirtschaftlichen Nutzflächen, Wirtschaftswäldern, Parkanlagen, Verkehrswegen und all den kulturellen, historischen oder auch kuriosen Erscheinungen im Verlauf und am Rande des Weges.

 

 

Die Etappen

  • Etappe 1: von der Rodenkirchener Rheinbrücke durch den Weißer Rheinbogen, von dort zurück zum Forstbotanischen Garten und durch den äußeren Grüngürtel nach Klettenberg (ca. 22 km)
  • Etappe 2: vom Klettenberg entlang des Geißbockheims zum Decksteiner Weiher und durch den Stadtwald über Müngersdorf nach Bocklemünd (ca. 18 km)
  • Etappe 3: von Bocklemünd über Pesch und Esch nach Roggendorf/Thenhoven (ca. 16 km)
  • Etappe 4: von Roggendorf/Thenhoven durch den Worringer Bruch zum Rhein, über Langel, Rheinkassel und Kasselberg nach Merkenich (ca. 11 km)
  • Etappe 5: von Merkenich am Fühlinger See entlang, parallel zur Neusser Landstraße nach Longerich und über Niehl wieder zum Rhein. Von dort über den Molenkopf (Niehler Hafen) und die Mühlheimer Brücke nach Mühlheim zum Wiener Platz (ca. 13 km)
  • Etappe 6: von Mülheim am Rheinufer entlang über Stammheim bis Flittard, von dort durch Wiesen und Felder bis Dünnwald (ca. 14 km)
  • Etappe 7: von Dünnwald durch den Wald bis nach Thielenbruch (ca. 12 km)
  • Etappe 8: von Thielenbruch über Gierath, entlang der Saalermühle bis hinauf nach Breite und durch die Hardt nach Bensberg (ca. 18 km)
  • Etappe 9: von Bensberg durch den Königsforst und die Wahner Heide über Grengel nach Wahn (ca. 18 km)
  • Etappe 10: von Wahn über Libur, vorbei an Lülsdorf zum Rhein, flussabwärts über Langel und die Freizeitinsel Groov nach Zündorf (ca. 20 km)
  • Etappe 11: von Zündorf rheinabwärts über Porz und Westhoven bis zur Rodenkirchener Rheinbrücke (ca. 9 km)

Traumpfad München - Venedig

Natursteig Sieg