Pilgern mit Hund nach Santiago de Compostela

Translation:

Sira: MEIN Sofa, MEIN Bett, MEINE Straße!

Wenn hier schon jeder was zum Abschied sagt, will ich das natürlich auch tun!

 

Entschuldigung, dass ich das nicht schon längst gemacht hab, aber in den letzten Tagen ging es mir gar nicht gut. So lange bin ich mit meinen Menschen durch die Welt gewandert, hab hundert verschiedene Sachen gefressen, aber kaum bin ich zu Hause, werde ich krank. Ich weiß gar nicht mehr, warum, aber auf einmal hat es am Sonntag Nachmittag in meinem Magen kräftig rumort und ich hab heftigen Durchfall bekommen. Von da an musste ich mindestens alle zwei Stunden dringend mal raus, auch in der Nacht. Frauchen und Herrchen waren ganz lieb und sind auch nachts mit mir rausgegangen. Trotzdem hatte ich ein ganz schlechtes Gewissen, wenn ich sie geweckt habe. Und ein noch schlechteres Gewissen hatte ich, als ich am Mittwoch zwei Stunden alleine zu Hause war und es einfach nicht zurückhalten konnte. Als Frauchen heimkam, habe ich sie nur mit eingezogenem Bürzel und hängenden Ohren angesehen. Sie hat nur gesagt "Ist nicht schlimm, Maus", hat mir über den Kopf gestreichelt und hat die Schweinerei weg gemacht. Ich glaube, sie war froh, dass ich mich dafür bis auf die Fliesen vor der Haustür geschleppt hab. So eine Bescherung auf unserem Dielenboden oder dem Spieleteppich im Kinderzimmer wäre viel schlimmer gewesen, das weiß ich. Deswegen geh ich immer brav auf die Fliesen, wenn so etwas mal passiert. Zum Glück geht es mir inzwischen wieder besser und endlich kann ich euch schreiben, wie alles sich entwickelt hat.

 

Meine letzten Tage auf der Wanderschaft waren die besten von allen! Wind, fischiger Meeresduft und mehrere Nächte im gleichen kuschelig weichen Hundebett von Compis. Obwohl dieser lustige Typ irgendwie mein Freund war, war er mir nicht immer ganz geheuer. Er hat mir manchmal, ohne auch nur einen Ton zu sagen, ganz klar gemacht, dass das SEIN Haus ist und ich mich zu benehmen hatte. Davor hatte ich ganz schön Respekt. Soviel, dass ich mich nur die Treppe runter und an ihm vorbei getraut hab, wenn ich mich ganz dicht an Frauchen quetschen konnte. Trotzdem haben wir uns sehr gut verstanden. Und er hatte einfach das leckerste Futter!

 

Und als ich dachte, es könnte gar nicht schöner werden, durfte ich auch noch ohne Leine am Strand rumflitzen. Das war ein Spaß! Und zum ersten Mal war ich so richtig aus der Puste. Weil die Menschen aber alle nicht so schnell laufen können wie ich, hat mir das aber auch nicht ewig Spaß gemacht und ich bin zu ihnen zurückgekommen. Ich weiß nicht, warum, aber Frauchen war darüber sehr zufrieden und glücklich. Na schön, dann bin ich es auch.

 

Irgendwann ist auch die schönste Zeit zu Ende. Als Frauchen nach drei gemütlichen Tagen wieder meine Decke zusammenrollt, sagt mein Blick mehr als tausend Worte: "Nicht schon wieder weg! Es ist doch gerade so schön hier!" Aber ich habe keine Wahl. Frauchen ist der Bestimmer...

 

Am selben Tag passiert etwas Komisches: Als wir durch die netten Landschaften marschieren, kommen uns zwei Leute entgegen. Sie sehen gar nicht aus wie Pilger. Und sie riechen auch nicht so. Moment mal... Aber ich kenne den Geruch! Die gehören doch zur Familie! Das sind doch Basti und Dimi! Wie kommen die denn hierher??? Ich bin so begeistert und begrüße Basti mit Freudensprüngen. Bei Dimi bin ich etwas vorsichtiger. Die hat ja immer noch Angst vor mir. Als auch Anni und Papa den Zweien Hallo gesagt haben, laufen wir zusammen weiter und Basti nimmt meine Leine. Das ist lustig! Der weiß ja noch gar nicht, was ich alles kann. Als wir einer Katze und zwei bellenden Hunden begegnen, kann ich es ihm mal so richtig zeigen. Basti kommt ins Schwitzen, alle anderen lachen, aber ich erwische die Katze leider trotzdem nicht. Mist, ich dachte, das wäre meine Chance.

 

Bald sind wir in Muxia angekommen und Papa und Anni liegen sich schon wieder in den Armen. Das machen die öfter in letzter Zeit. Ich hab auf sowas jetzt keine Lust, denn der Wind pustet mich bald vom Felsen. Frauchen sagt: "Gut, dass ne Leine dran ist, sonst wär mein Hund schon weggeflogen." Toll. Ich finde das nicht witzig.

 

Ich bin froh, als wir zum Auto gehen. Da ist es geschützt. Aber die Autobox, in die ich rein soll, ist mir erstmal nicht geheuer. Wie immer füge ich mich aber bald meinem Chef und die große Fahrt beginnt. Von jetzt an sitzen wir ewig im Auto und ich versuche, so viel Zeit wie möglich zu verschlafen. Meine Knochen knacken jedes Mal ganz schön, wenn wir irgendwo anhalten und ich raus darf. Ich bin froh, dass Basti dann immer wieder ein bisschen mit mir rennt, dann roste ich nicht ganz ein.

 

Nach zwei Tagen halten wir wieder an und Frauchen und Papa steigen mit mir aus. Wir gehen über einen Schotterweg, an Wiesen entlang, hinter den Wiesen ein Fluss, ich schnupper hier und schnupper dort, und plötzlich: Was riech ich denn da? Das kenn ich doch. Dann höre ich ein Bellen. Das kenn ich doch auch. Moment mal: Wo sind wir? Ich kenn das alles hier! Ohne Frauchens Hilfe finde ich sofort die richtige Abzweigung und stehe bald vor meinem Zuhause! Und da sind so viele Leute! Und mein Hundefreund Sammy! Und Frauchens Mama, die immer so super nach Katzen riecht! Und überhaupt! Mein Zuhause! Herrchen ist auch da, aber den begrüß ich später.

 

Kurz ist alles ganz aufregend, aber bald ist alles so wie immer, so wie früher. Wir sitzen im Hof, ich bin an der Schleppleine, die Menschen müssen über meine Leine hüpfen. Aber irgendwie ist wohl doch was anders. Ich fühle mich irgendwie so stark. Ich sage dem Sammy das immer wieder mal und dann ist er ganz überrascht. Und außerdem habe ich von all den anderen Hunden unterwegs gelernt, dass man sein Zuhause beschützen muss. Und dass alle wissen müssen, dass man der Boss ist. Also auch alle in der Straße. Deswegen muss ich das seitdem ein paar Mal täglich laut herausbrüllen, damit alle wissen, dass das MEINE Straße ist. Frauchen versteht das nicht und sagt immer, ich soll das lassen. Wie schon gesagt, manchmal ist sie schwer von Begriff...

 

An meinem ersten Abend zu Hause zeige ich mich von meiner besten Seite. Nicht ein einziges Mal versuche ich, Sofa oder Bett zu erobern. Ich lege mich in mein Körbchen, als würde ich nie mehr woanders liegen wollen. Umso glücklicher bin ich, als Herrchen abends, als alle weg sind, endlich aufs Sofa klopft und sagt: "Komm Eule, Hepp!" Mit einer herzhaften Arschbombe erfülle ich den Befehl. Ich seufze kurz, mache ganz schnell die Augen zu und verfalle in Tiefschlaf, bevor es sich noch jemand anders überlegt.

 

In dieser Nacht schlafe ich wie auf Wolken. Am nächsten Morgen bekomme ich mein leckeres Futter und nach dem Gassigang die nächste "Hepp!"-Aufforderung. Juhuu! Auf ins Bett meiner Menschen! Alleine wäre ich ja niiiiieee auf die Idee gekommen. Aber wenn Herrchen unbedingt will... Wir schlafen noch gemütlich ein paar Stündchen und von da an ist alles wie früher. Leckeres Essen, lange Spaziergänge, und gaaaanz viel Zeit mit meinem Sammy und meinen Menschen. Als wären wir nie weg gewesen... Für jeden sieht es ein bisschen so aus als wären wir nie weg gewesen. Wir benehmen uns fast so wie immer. Und wir gehen miteinander fast so um wie immer.

 

Aber manchmal, wenn keiner hinsieht, dann gucken Frauchen und ich uns an und in unseren Köpfen schwirrt ein Film von Nächten im Zelt, Katzenjagden, Hundekumpels, Leckerchen und Streicheleinheiten von Fremden, misstrauischem Beobachten von Seetang, der sich mit den Wellen im Meer bewegt und Tobereien im Sand. Dann lege ich mich ganz nah neben sie, lecke ihr über die Hand und sie krault mir die Nase. Wir haben zusammen etwas erlebt!

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Kommentare: 2
  • #1

    Lore aus Lohmar (Freitag, 19 Juli 2013 19:53)

    Hallo Sira,
    fein, dass Du auch noch ein letztes Statement abgegeben hast.
    Wenn Du nochmal so Durchfall hast, lass Dir von Frauchen eine Immodium akut geben, das dürfen Hunde auch bekommen. Auch noch ne zweite, wenn es sein muss. Und danach einige Tage Perenterol, gibt es auch in Forte.
    Und wenn Du hinter die Tür auf die Fliesen machst, wenn es gar nicht mehr geht, dann halte so viel Abstand von der Tür, dass man die noch aufmachen kann, ohne das, was Du dahin gelegt hast, mit der Türdichtung beim Öffnen der Türe zu verteilen. Das ist nämlich fies sauber zu machen. Ich bin ein Mensch mit Erfahrung!

    Wau-wau-Grüße aus Lohmar
    von Lore

  • #2

    Monika Stiemert (Montag, 22 Juli 2013 17:32)

    Hallo, Annika,

    es ist einfach toll, dass Sie Sira soooo eine Stimme geben. Good feeling!!!

    Herzliche Grüße