Pilgern mit Hund nach Santiago de Compostela

Translation:

Annika: Zip-off-Wetter!

Von Le Rouget nach Aumont-Aubrac, 22 km

Als ich nachts um zwei wach werde, ist mir kalt. Der Kamin ist ausgegangen. Ich schaue aus dem Fenster an meinem Kopfende und sehe die Sterne funkeln. Ich ziehe mir Wollsocken und Fleecejacke an, schlüpfe zurück ins warme Bett. Während ich weiter die Sterne bewundere, schlafe ich wieder ein. Herrlich, dass das nach meiner Augen-OP alles ohne die lästige Brille geht!

Am Morgen werde ich geweckt durch Pacos ansteckendes und anhaltendes Lachen, vier Türen weiter.

Relativ zeitgleich kommt unsere Pilger-WG aus den Federn. Nach einem gemütlichen gemeinsamen Frühstück verabschieden wir uns herzlich. Virginie werden wir am Dienstag wiedersehen, bei Paco und Joseph ist das ungewiss. So ist das mit der Pilgerschaft, man findet sich und verliert sich wieder. Vielleicht finden wir uns ja auch wieder.

Der Bauer verabschiedet sich mit einem "Guten Tag!" auf unsicherem Deutsch und wir laufen in den herrlich sonnigen Morgen. Papa entledigt sich gleich nach einhundert Metern seiner Jacke. Der Himmel ist strahlend blau und wolkenlos. Herrlich! Papa und ich sind schon "gezippt" gestartet (mit Reißverschluss abgetrennten Hosenbeinen) und selbst mir ist nicht zu kalt. Und das will etwas heißen...

Bald erreichen wir St-Alban-sur-Limagnole. Hier sind tatsächlich Menschen unterwegs! Sie kaufen Brot, Fleisch und Obst für die nächsten anderthalb Tage. Denn heute Nachmittag und morgen ist schließlich alles geschlossen. Hier treffen wir auch wieder auf Virginie. So schnell geht das! Ein kurzer Plausch und die Wege trennen sich wieder. Bis zum nächsten Mal!

Wir folgen einem schönen Waldpfad nach Grazieres-Mages, der bald nach dem Örtchen steil ansteigt.

In Chabanes-Planes ist es Zeit für die erste Pause. Wir lümmeln uns an einem Picknickplatz auf eine der Bänke und Sira erspäht schon bald ihre Beute, eine weiße Katze am Bauernhaus gegenüber. Noch ein kaputtes Halsband? Nein, danke! Ich rufe Sira zur Ordnung und - siehe da - es ist Ruhe. Zumindest, bis Paco und Joseph kommen, wir kurz sprechen, Sira sich den Kopf kraulen lässt, und wir ein gemeinsames Foto machen. Dann sind wir wieder unter uns.

Bald laufen wir über vermatschte Waldwege, die nur mit höchster Konzentration begehbar sind. Befahrbar sind sie allemal, wenn ich mir die drei Motocrossfahrer ansehe, denen vor lauter Vorfreude auf die Matschpiste schon die Augen glänzen.

Wir haben es da mal wieder nicht leicht. Die Motocrossfahrer bremsen zwar extra ab und fahren vorsichtig an uns vorbei, allerdings ändert das nichts an dem knietiefen Schlamm vor uns. Als ich mal wieder verzweifelt den weiteren Schritt plane, macht Sira einen 1,50 m-Hechtsprung und setzt auf einigermaßen trockenes Land über. Die Leine spannt sich, ich kann das Gleichgewicht nicht halten und sinke (meinem Gefühl nach) in Zeitlupe Richtung Pampe, als Papa mir gerade noch die helfende Hand reicht und mich wieder ins Gleichgewicht zieht. Puh, Schwein gehabt! Durch einen Rettungsversuch-Ausfallschritt ist mein linker Schuh allerdings trotzdem voller Schlamm. Ach was soll's!

Vor lauter Begeisterung für diesen Beinahe-Unfall verpassen wir wohl an der nächsten Kreuzung den richtigen Abzweig. Über herrliche, ginsterbewachsene Höhen folgen wir dem Wirtschaftsweg immer weiter. Sira ist plötzlich auf Fährte. Wie wir kurz darauf feststellen, geht es zur Abwechslung mal wieder um Wild: drei Hirschkühe kreuzen zehn Meter vor uns den Weg. Dank massiger Erfahrung kriegen wir das Thema schnell in den Griff.

An der nächsten Kreuzung dann: Kein Zeichen mehr. Und auch schon länger war uns keines mehr aufgefallen. Dank Googlemaps ist die Alternativ-Route schnell gefunden und wir laufen immer am Fluss entlang nach Les Estrets. Wir treffen wieder auf unseren Weg und auf rastende Pilger.

Also laufen wir weiter nach Bigose, um dort zu rasten. Solange wir vor den anderen sind, hat Sira möglichst wenig greifbare Fährten vor sich herflattern. Und das ist bedeutend entspannter!

Als wir in Bigose vor dem Restaurant pausieren, laufen einige Pilger an uns vorbei. Inzwischen kennt man sie vom Sehen her alle. Auch das Grüßen verbindet sich immer öfter mit einem freundlichen Lächeln und ein paar Sätzen Smalltalk.

Bald erreichen wir auch unser Etappenziel, Aumont-Aubrac. Vor unserer Unterkunft stehen ein paar bekannte Gesichter.

Die Auberge hat alles, was wir brauchen, Sira ist bei uns im Zimmer und die Dusche ist heiß.

Alles ist gut!

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Kommentare: 1
  • #1

    Dani (Montag, 15 April 2013 09:04)

    Das hört sich doch alles schon sehr routiniert an. Und die Schmerzen scheinen auch Schnee von gestern zu sein