Pilgern mit Hund nach Santiago de Compostela

Translation:

Annika: Pilgerglück

Als wir das Gelände von Sainte Anne verlassen, kommt gerade die freundliche Betreiberin angefahren. Sie grüßt uns kurz, wünscht uns ein "Bonne route!" und wir laufen in den  frostigen, aber sonnigen Morgen hinein. Den eisigen Wind merken wir bald nicht mehr, denn wir müssen durch den Wald, eine ganze Weile bergauf, bevor wir durch Felder, mal auf der kaum befahrenen Straße, mal auf Feldwegen, voranmarschieren.

 

Ziemlich rasch fällt auf: Dieser Tag ist Urlaub für die Füße! So wenig Asphalt, so viele fußfreundliche Wege hatten wir selten.

 

 Als wir auf der Anhöhe über Perrancey-les-Vieux-Moulins aus dem Wald treten, bietet sich uns ein wunderschöner Blick auf den Stausee, den wir kurz darauf passieren.

 

Der weitere Weg gefällt mir! Wir haben Lothringen verlassen und laufen mittlerweile durch das Gebiet Champagne-Ardenne. Vielleicht lag es an dem Wetter, vielleicht auch an dem einen oder anderen Wehwehchen, aber Lothringen wirkte trist. Die Häuser in den meisten Dörfern, durch die wir liefen, wirkten heruntergekommen und ich hatte das Gefühl, wir laufen immer wieder durch die gleichen Felder.

 

Heute ist alles spannender, abwechslungsreicher und wirkt hübscher. Die kleinen Dörfer, die wir passieren, bestehen fast ausschließlich aus riesigen Steinhäusern, mal alt, mal auf alt getrimmt und wenn dann mal ein Haus verlassen aussieht, dann gleich richtig, bis zum Ruinenstatus, und das hat dann ja auch schon wieder was.

 

Wir laufen über einen Waldpfad immer wieder an kleinen Quellen vorbei und müssen über Bäche hüpfen. Das viele Wasser lässt die Pflanzen sprießen: Mitten in dem Bachlauf wachsen saftiggrüne Pflanzenteppiche und auf dem Waldpfad kämpfen sich fliederfarbene Frühlingsboten hartnäckig durch das Herbstlaub des letzten Jahres. Nach einer Abzweigung wollen wir weiter den Markierungen folgen, stehen aber vor einem Frühlingstypischen Problem: Waldarbeiter haben ihr Werk getan! Der gesamte Weg mit "Umland" liegt voller Äste und Baumstümpfe! Also weiträumig (durch Unterholz und Dornengestrüpp) umfahren. Danach ist erstmal eine Pause fällig, ganz rustikal auf dem gefällten Holz.

 

Nach dem Unterqueren der Autobahn wird der Weg, zumindest für mich, eintönig. Es geht immer durch den Wald. Sira findet das super. Ein Orgasmus in der Nase! Massenhaft köstlichste Düfte, denen es lohnt, nachzusteigen. Ich muss ja sagen, ich liebe meinen Hund, aber wenn sie mich vier Kilometer lang konstant hinter sich herzieht, kann ich doch schonmal ungehalten werden. Jaja, die Vorzeigehundehalter kommen mir jetzt mit Erziehung, aber erstens weiß ich das selbst, zweitens hilft mir das jetzt auch nicht weiter. In solchen konstanten Geduldsproben treibt sie mich manchmal in den Wahnsinn. Und ich sie mit meinem Genörgel wahrscheinlich auch. Dann sind wir uns ja wenigstens einig!

 

Die heutige Etappe endet an einem Wanderparkplatz. Mit Nicholas, unserem heutigen Herbergsvater telefonieren wir wie besprochen, damit er uns hier abholt.

 

Der Witz des Tages ist ja, dass der besagte Parkplatz unmittelbar angrenzt an ein kleines Wildgehege mit Wildschweinen, Sikahirschen und Damwild. Und da geh ich doch mit meiner Jagdmaschine vor diesem Käfig auf und ab, das Wild keine 50m entfernt, und mein Kamel rührt sich überhaupt nicht! Da hantiert man über eine Stunde angestrengt herum, um durch den Wald zu gehen, und von Angesicht zu Angesicht tut sich nix!

 

Nach zehn Minuten fährt Nicholas vor, fährt uns noch kurz nach Auberive, um uns für morgen unseren Weg zu zeigen und bringt uns dann stolz zu seiner Gite, seinem erst letztes Jahr fertiggestellten Zweiparteien-Gästehaus. Hier hat man alles, was man braucht, um Leben zu können. Und so eine Bude haben die Leute hier mal eben so im Garten stehen, zusätzlich zu den eigenen vier Wänden. Nicht schlecht....

 

Nicholas bemüht sich noch um unsere übernächste Übernachtung und bietet uns Computerzugang und eine Waschmaschine an.

 

Während ich hier schreibe, liegt Papa nebenan in der Badewanne und badet sowohl in knackig heißem Wasser wie auch in Verzückung.

 

DAS ist Pilgerglück!

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Kommentare: 1
  • #1

    Sebastian (Sonntag, 17 März 2013 12:53)

    Ha, der Opa in der Wanne, das kann ich mir vorstellen :-)