Pilgern mit Hund nach Santiago de Compostela

Translation:

Reinhard: Jakobus ist zur Stelle!

Der Campingplatz ist am Morgen weiß überzogen. Dafür ist der Himmel strahlend blau und wir dürfen uns auf einen schönen Tag freuen. Überraschung: Das Wasser in unserem Chalet ist eingefroren. Heißt also: Der erste Toilettengang ist gerade noch möglich (weil noch Wasser im Spülkasten), die Zähne und die Augenwinkel werden mit dem Wasser gewaschen, das wir glücklicherweise noch in unseren Trinkflaschen haben. Geht auch!

 

Wir hinterlassen das Chalet besenrein und gehen runter zur Rezeption. Das Auto der CP-Betreiberin steht dort schon bereit und läuft warm. Welch ein Service! Sira springt problemlos in die Hundebox im Heck und ab geht die Fahrt. Unsere Chauffeurin erzählt uns unterwegs einiges von ihrer Familie und um kurz nach 9 Uhr sind wir wieder in Montigny-le-Roi. Beim Aussteigen wünscht sie uns einen guten Weg und hofft, dass wir auf dem Rückweg wieder vorbeikommen. Mal sehen!

 

Das Wandern entwickelt sich heute zum Genuss. Die Sonne erwärmt uns trotz der anfänglichen Minusgrade (und die wieder raus gekramte lange Unterhose tut noch das ihrige dazu), Autos belästigen uns auf der schmalen Landstraße kaum und die Vögel zwitschern. Wenn, ja wenn Siras Ohr nicht wäre! Sie schüttelt sich und  -peng- platzt ihre Wunde wieder auf und blutet. Anni ist erst mal wieder bedient, da nützt auch der schönste Sonnenschein nichts.

 

In Chauffort am alten Waschhaus machen wir unsere erste Rast. Schon oft sind wir an diesen rustikalen offenen Gebäuden vorbeigekommen, mit ihren zu einer Wasserrinne hin abfallenden blanken Waschtischen aus Stein, und ich höre förmlich die schnatternden Frauen des Dorfes, wie sie beim gemeinschaftlichen Waschen die neuesten Dorfnachrichten austauschen. Wir sitzen in der Sonne und Anni isst ihr erstes Pausenbrot.

 

Wir unterqueren die Autobahn A 31 und kommen in den nächsten Ort Changey. Wie in vielen anderen Örtchen, durch die wir schon zogen, ist auch hier so gut wie kein Mensch auf der Straße. Wo sind die alle? Die Kinder haben noch Schule, bis 16 Uhr, aber wo sind die anderen? Alle noch arbeiten in der Stadt? In welcher Stadt? Wo sind die Alten, die ein Quätschchen über den Gartenzaun halten? Oder muss erst der Frühling kommen, der die Leute vor die Türen treibt?

 

Auf einmal stehen wir vor dem Lac de Charme, einem großen Stausee. Sogar mit einem kleinen Sandstrand und Picknicktischen. Wir lassen uns natürlich dort nieder und Sira darf sich etwas an der langen Schleppleine austoben. Ja, trotz der vielen gelaufenen Kilometer, hat sie dazu immer noch Lust. Kleine Blesshühner kommen neugierig näher, drehen direkt aber wieder ab, als sie merken, dass Sira sich für sie zu interessieren beginnt. Nach einer halben Stunde geht es weiter.

 

Nach Überqueren des Marne-Saone-Kanals und der Marne liegt unser heutiges Etappenziel hoch oben auf dem Berg vor uns: Langres. Eine letzte Kraftanstrengung nochmal steil die Straße hoch, dann noch steiler ein Fußweg und endlich schlüpfen wir durch das Stadttor Porte Longe in die Altstadt hinein. Hoch oben über den Stadtmauerwehrgang und durch enge Gassen gelangen wir zum Dom, dann zum Place Diderot. Schüler kommen gerade aus der Schule und haben ihre Freude an uns.

 

Wir sind etwas unter Zeitdruck. Bis 17 Uhr sollen wir bei unserer nächsten Unterkunft sein, jetzt ist es fast 16.30 Uhr und wir haben noch zwei Kilometer vor uns. Prompt verlaufen wir uns auch noch ein wenig und stehen erst um 17.30 Uhr vor der Tür von Sainte Anne, einem Erholungsheim für behinderte Menschen, das aber auch Jakobspilgern zur Übernachtung offensteht. Trotz unserer Verspätung werden wir freundlich empfangen. Ein Zimmer und die Küche werden uns zur Verfügung gestellt, wir können schalten und walten. Die Vermittlung eines Schlafquartiers für morgen klappt nicht direkt, aber Jakobus lässt nicht lange auf sich warten. Ein junger Mann kommt wie zufällig herein,  bekommt unsere anscheinend fehlschlagende Zimmersuche mit und stellt sich als Gite-Besitzer vor, der uns morgen gerne in seinem Haus aufnehmen würde, und er holt uns auch noch von der Strecke ab. Na, geht doch! Die Übernachtung in Sainte Anne ist übrigens umsonst.

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Iris (Samstag, 16 März 2013 17:08)

    Hallo Ihr 3, Super das Ihr noch die Lust habt nach einer anstrengenden Wanderung noch einen Bericht zu schreiben. danke für die Eindrücke ist schön zu lesen freue mich auf den nächsten Tag. schläft gut

  • #2

    opaundafrikapilgern (Samstag, 16 März 2013 20:50)

    Annika: Also, verlaufen haben wir uns ja nur, weil Papa nicht weiß, was eine Allee ist und weil er nicht auf mich hören wollte. Wenn der mich nicht hätte...

  • #3

    Dani (Samstag, 30 März 2013 19:55)

    Wenn das weiter so geht, bringt ihr ja noch Geld mit nach Hause. Jakobus lässt grüßen.