Pilgern mit Hund nach Santiago de Compostela

Translation:

Annika: Zwei Tage, ein Artikel

Der gestrige Morgen beginnt schon mit einem mulmigen Gefühl. Wenn wir zum Frühstück gehen, sollen wir Sira oben im Zimmer lassen. Also noch schnell Gassi gehen (und "schnell Gassi gehen" ist in Trier so eine Sache...), dann die Matratzen hochkannt gestellt, damit der Hund sie nicht erobert und runter gehts. 

 

Im Frühstücksraum sieht man noch die Spuren der Verwüstung, die eine Schulklasse just hinterlassen hat. Wir suchen das Plätzchen, an dem man noch das meiste Stück Tisch unter den Krümeln sieht und lassen uns Müsli, Saft, Brötchen und Kakao schmecken. Viel Zeit lasse ich mir nicht, weil doch meine Kumpanin oben ganz allein auf uns wartet.

 

Zurück auf dem Zimmer sieht mich mein Hund mit verschlafenem Blick an: "Wie, wart ihr etwa weg?"

 

Wir entscheiden uns, an diesem Tag ohne Gepäck zu reisen, da wir abends ohnehin hierher zurück kommen. Und ein bisschen Luxus kann nicht schaden. Vor allem Sira wirds uns danken. Allerdings muss ich sagen: Ich fühle mich nackt. Und bin die ganze Zeit der Meinung, ich hab was vergessen... Hm, nächstes Mal wieder MIT Rucksack.

 

Zunächst geht`s zur Porta Nigra, wo wir gerade so den Bus erwischen, der uns zurück an unseren vorigen Zielpunkt bringt, Welschbillig.

 

Von dort aus geht es erst hinauf nach Träg, dann wieder runter ins Obstbrennerörtchen Möhn, wo wir mit Schildern gelockt werden, auf denen steht: "Pilgerlikör hier! Probierstübchen geöffnet!" Ich schiele kurz zu Papa. Nein, nein, wir müssen weiter. Also gut.

 

Über abwechslungsreiche Wege (trotz größtenteils Teerstraße) kommen wir nach Lorich, wo ein kleiner Dackelherr Gefallen an Sira findet. Wir gehen aus Lorich raus und er folgt uns. Kschksch! Nicht noch so einer wie Harley! Der kleine Romeo läuft zurück nach Hause.

 

Nach einem Abstieg von einem verlaubten Waldhang laufen wir unter einer Autobahnbrücke hindurch und bis nach Biewer. 

 

Wie schon des Öfteren auf unserer Tour sind wir einen Moment lang abgelenkt, ich bin mir ziemlich sicher, dass der Pfeil nach rechts gezeigt hat und zack! sind wir an einer stark befahrenen Straße geradewegs und laaaaange auf dem Weg nach Trier, bis wir endlich den Weg auf den Moselradweg finden. Das letzte Stück laufen wir zwischen der Bahn und der Mosel nach Trier. Nach Besichtigung des Doms und der Liebfrauenkirche endet unsere Wanderung für heute.

 

Den gestrigen Abend war ich ziemlich verzweifelt und genervt von unseren Internetmöglichkeiten, darum fehlte mir die Geduld, auf unseren Iphones hier noch etwas reinzusetzen. Also, verzeiht!

 

Der heutige Tag beginnt mit Packen. Hach, man kommt ja glatt aus der Übung, wenn man es einen Tag mal nicht macht...

 

Nach dem Frühstück verlassen wir das Kolpinghaus. Einen herzlichen Dank an Herrn Finke für das Sponsering, an Walter für die Vermittlung und an das gesamte Team des Kolpinghauses, das uns einen so angenehmen Aufenthalt ermöglicht hat!

 

Bevor wir wieder auf den Jakobsweg treffen, werfen wir einen kurzen Blick auf den Palastgarten, das Amphitheater und die Kaiserthermen. Wieder auf dem rechten Weg, geht es nach St. Matthias. Ich hab einen meiner berühmten Geistesblitze. Dieser Spezielle kostet uns eine gute halbe Stunde. Während Papa die Kapelle anschaut, kommen mir die Worte unseres Freundes Helmut aus Prüm in den Kopf. "Lasst euch eine Pilgerbescheinigung ausstellen." "Mit Pilgersegen zu wandern, das hat schon was..." Tja, und da marschier ich also ins Pfarrbüro und sage, ich will das haben. Über Umwege gibt uns Bruder Bruno dann auch tatsächlich, was wir gern hätten. Zwar mit Murren, aber immerhin.

 

Frisch gesegnet ziehen wir weiter durch Trier. Boah, dat ist ja fast wie unsere Etappe durch Köln-Süd. Als wir die letzten Häuser Triers hinter uns lassen, führt der Weg wieder auf den Moselradweg.

 

Wir laufen quasi Auobahn, bis nach Konz, wo  die Saar in die Mosel mündet und uns wieder mal Jakobus Bodentruppen zur Hilfe eilen. Als wir gerade, etwas unsicher aufgrund schlechter Markierung, wieder das Flussufer ansteuern, hupt hinter uns ein Auto, ein Mann steigt aus und erzählt, er sei selbst Pilger. Mit ein paar guten Tipps schickt er uns wieder auf den richtigen Weg, der uns nach Tawern führt, einem geschichtsträchtigen Örtchen, das damals eine Straßenstation der alten Römerstraße war. Da darf natürlich auch ein rekonstruierter Tempelbezirk gaaaaanz oben auf dem Berg nicht fehlen. Das kann ich mir vorstellen, wie die sich früher hier rauf gequält haben...

 

Der weitere Weg verläuft seichter, wieder über Felder und Weiden. Hinter einem Haus in Kümmern zieht eine Herde Schafe und Ziegen Siras Aufmerksamkeit auf sich, als der Bob Marley unter den Hunden auf sie zuwallt. Ja, wallen ist das richtige Wort. Dieses hellgräuliche Monster von einem Hund ist komplett behangen von breiten Dreadlocks, die bestimmt alleine für sich schon 50 kg wiegen. Ich muss erstmal lachen, Papa macht ein Foto, und Bobs Herrchen, der unbemerkt auf die Terasse gekommen war, findet das nicht so lustig. Er erzählt uns von dieser ungarischen Herdenschutz-Rasse und ist total stolz auf sein Tier. Naja, ist ja auch vollkommen richtig für das Herrchen... Sira und ich gehen lieber schonmal weiter, während Papa noch ein bisschen schwatzt.

 

Nach einem Marsch durch den "Jeanny"-Wald (ich glaube, so muss der Wald ausgesehen haben, in dem Falkos Jeanny verschwand...) erreichen wir Fisch. Ja, das ist ein Ortsname! Und wieder: "Pilgerlikör".... Hach nee, jetzt will ich auch nicht so richtig...

 

Über Waldwege erreichen wir die kleine, einsame Kirche St. Jakobus von Litdorf-Rehlingen (die natürlich zu ist). Von hier aus wollen wir Berthold anrufen, auch ein passionierter Pilger, bei dem wir heute schlafen wollen. Aber dann: Kein Empfang!!!! Papa verzweifelt schon. Er flucht und stolpert übers Feld, immer auf der Suche nach einem Balken. Mit meinem Handy gelingt es endlich und Berthold eilt herbei. 

 

Und jetzt sitz ich hier, in Bertholds Praxis am PC, wir wurden von ihm und seiner Frau fürstlich verköstigt und umsorgt, unsere Wäsche ist frisch gewaschen und im Trockner und ein WARMES Zimmerchen mit einem kuschligen Bett wartet auf uns. Übernachtungen bei Brüdern und Schwestern im Geiste sind doch immer noch was Feines!

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Dani (Sonntag, 10 März 2013 18:33)

    Na also, geht doch ;o)