Pilgern mit Hund nach Santiago de Compostela

Translation:

Annika: Heute zelten? Nein, danke!

Zunächst mal eine kurze Entschuldigung: Die Texte, die wir hier schreiben, könnten unter Umständen merkwürdige und sinnlose Absätze, Worte oder Buchstaben enthalten. Ich will es mal so ausdrücken: Seid froh, dass ihr überhaupt etwas bekommt. Nach diversen technischen Komplikationen und Meinungsverschiedenheiten mit unseren Smartphones ist das hier alles, was wir euch bieten können, sorry! Bitte seid nachsichtig mit uns!

 

Und jetzt zu meiner derzeitigen Befindlichkeit: Der Laster, der mich gestern überrollt hat, ist noch nicht davongefahren. Ich habe das Gefühl, er fährt über mich drüber, legt den Rückwärtsgang ein, fährt nochmal drüber, dann wieder vorwärts und immer so weiter. Nicht, dass es mir wirklich schlecht ginge... Ist ein bisschen wie jeden Tag aufs Neue lachend in die Kreissäge zu springen. Meine  Füße sind bisher blasenfrei - natürlich nur dank bestem Anti-Blasen-Gel aus unserem Survivor-Paket aus Bochum - aber sie tun trotzdem ganz fürchterlich weh! So im Gesamten... Sie fühlen sich an wie ein einziger großer dauerhafter Muskelkrampf. Und sie sind so rastlos... Aber das kenn ich ja von meinen Füßen. Heute beim Trip hab ich vorne in meinen Oberschenkeln Schmerzen in Muskeln gehabt, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie besitze. Und zu guter Letzt tun mir Schultern und Nacken weh, weil der Rucksack da die ganze Zeit draufhockt. Außerdem hab ich kleine fiese Stellen am Schlüsselbein, wo der Brustgurt vom Rucksack scheuert und in der Taille von Siras Leine, die ich umgeschnallt hab. Ganz normale Wandererwehehchen halt... Wollte sie nur mal im Detail aufführen, für alle Nicht-Wanderer... So genug gejammert, weiter zum Tag...

 

Der Hund war heute morgen tatsächlich mal merkwürdig. Als wir von unserem Morgen-Ründchen zurück kamen, empfing uns Frau Kröger im Hausflur, um uns mitzuteilen, dass das Frühstück fertig sei. Da bellt und knurrt mein Hund dieses nette alte Dämchen doch tatsächlich an! Später am Tag, als eine andere Wanderin bei einer Rast an uns vorbeigeht, macht sie es wieder! Die Tage habe ich beobachtet, dass sie mich vor zwei fremden (aber total freundlichen) Hunden beschützen wollte, aber Menschen... Tststs, da wird mein kleines Reh doch noch zu meiner Beschützerin, wer hätte das gedacht... Jetzt muss sie nur noch unterscheiden können, vor WEM sie mich beschützt, dann ist alles gut. Naja, aber nun zurück zum Tagesablauf:

 

Frau Kröger ließ sich glücklicherweise nicht von Siras Drohgebärden beeindrucken, ließ den Hund fertig stänkern und bat uns zu Tisch, einem üppigen Mahl mit Fressflat aus Brot, gekochten Eiern, Wurst, Käse, Quark, Marmelade und Kaffee. Na so startet man doch gern in die zweite Woche!

 

Frisch gestärkt machen wir uns also mit der Bahn auf den Weg zurück ins niedliche alte Örtchen Iversheim, um von dort aus über Waldwege nach Bad Münstereifel zu wandern. Es ist mal wieder knackig kalt und die Sonne blinzelt durch die wenigen Wolken am Himmel. In Bad Münstereifel wird deutlich, dass die Stadt noch recht touristenfrei ist zu dieser Jahreszeit; Kaum Menschen auf den Straßen und die Geschäfte öffnen ihre Pforten an diesem Morgen nur schwerfällig. Trotzdem hat der Ort einen unvergleichlichen Charme, wie er dort hinter seinen Stadtmauern mit den prächtigen Toren liegt, an allen Ecken Zeichen vergangener Tage - Historisches Bildmaterial, uralte Häuschen... Hach ja, hier zu wohnen ist auch nicht schlecht...

 

Nachdem wir die Mauern der Stadt hinter uns gelassen haben, fordern uns erstmalig die Anstiege der Eifel heraus. Mühsam stapfen wir den Berg hinauf und ich ermuntere Sira mit "Hüa!", mich zu ziehen. Zu dumm, das Kommando hab ich ihr wohl noch nicht beigebracht. Sie denkt nicht im Traum daran, mir die Arbeit abzunehmen.

 

Auf dem ersten Gipfel angekommen zieht es unser Dreiergespann auf offenes Feld. Sira hat ihre helle Freude daran, den gestreuten Kuhmist und das Eis zu erlegen und zu fressen, Papa und ich dagegen haben Mühe, uns bei den Eisflächen am Boden auf den Füßen zu halten. Aber es gelingt!

 

Trotz aller Konzentration lassen wir den Blick schweifen und haben eine herrliche Sicht über ein sanft geschwungenes Stück der Eifel. Einen Großteil unseres Tages verbringen wir auf einsamen Wirtschaftswegen zwischen Feldern, Wiesen und Wäldern, kratzen die Zivilisation nur kurz an in Roderath und Frohngau. Über Felder geht es weiter nach Engelgau. Hier besprechen wir, in zwei Stunden in Blankenheim sein zu wollen, um dort rechtzeitig unseren Bus zum Campingplatz zu bekommen, der leider nur stündlich fährt. Also wollen wir einen Zahn zulegen.

 

War ne blöde Idee. Die nächsten anderthalb Stunden verbringen wir mit zügigem Marschieren über mit tiefen gefrorenen Treckerfurchen versehenen und veschneiten Forstwegen. Der Hund merkt, dass wir immer flotter werden, also wird sie auch immer unruhiger und zerrt an der Leine, bis wir beschließen, auf den Bus zu pfeifen und den Nächsten zu nehmen.

 

Beim Campingplatz müssen wir dann auch noch anrufen, um darum zu bitten, auf uns zu warten mit dem Anmeldeschluss und uns unser Campinghüttchen schonmal vorzuheizen. Nach einem ganzen Tag in der Kälte freut man sich auf ein warmes Zimmerchen! Und dann mein Geistesblitz: "Papa, haben die da Bettzeug?" Unsere Schlafsäcke befinden sich ja noch auf dem Postweg nach Trier, wo wir sie entgegennehmen. Auf Anfrage am Telefon stellt die nette Frau uns Leihbettzeug zur Verfügung. Puh, Glück gehabt!

 

Nach einem letzten kleinen Verlaufer wegen schlechter Wegmarkierungen am Tiergartentunnel verlassen wir den Wald an der Jugendherberge und steigen über vereiste  Steintreppen ab nach Blankenheim, sehr zur Freude meiner Knie.

Nach den letzten Stufen hält ein Auto neben uns, eine Nonne fragt, ob wir einen Pilgerstempel haben wollen. Als wir bejahen, parkt sie ihr Auto, geht mit uns zum Haus, füttert den Hund, stempelt und fährt uns kurzerhand zum außerhalb gelegenen Bahnhof. Und das mit dem Schmuddelhund auf dem ungeschützten Rücksitz! DAS ist Nächstenliebe! Mit dem Bus gelangen wir zu unserer heutigen Unterkunft. Am Nachmittag tanzen die Schneeflocken vorm Fenster und es ist bitterkalt. Ich denke daran, dass ich jetzt eigentlich zelten wollte. Hier möchte ich mal kurz meinem Papa danken, dass er das verhindert hat. Jetzt zelten? Nein danke! Grade bezweifle ich, dass wir das je tun werden. Aber mal schauen. Die erste Woche ist rum. Ich packe meinen Mini-Marmorkuchen aus dem Bochumer Survivor-Paket aus und singe leise in meinem Kopf. Happy Birthday to us. Happy Birthday to me.

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Sebastian (Donnerstag, 21 Februar 2013 07:56)

    Dank euch habe ich die nächsten 4 Monate mehr oder weniger jeden Morgen etwas Spannendes zu lesen. Also verzweifelt nicht an den technischen Gegebenheiten und schreibt immer fleißig weiter :-)

  • #2

    Ralf (Donnerstag, 21 Februar 2013 20:05)

    Kann Sebastian nur Recht geben...scheiss wat auf Rechtschreibung und techn. Missverständnissen. Es ist toll von Euch zu lesen. Weiter so. Seit leider 3 Woche später in SJPdP als ich....sonst hätten wir einen Umtrunk machen können. :-)

  • #3

    Best Juicer (Samstag, 27 April 2013 02:52)

    I just shared this upon Myspace! My pals will definitely enjoy it!